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Montag, 8. Oktober 2012

Jesus - der Herr! Unser HERR?


In unserer Zeit legt man extrem viel Wert auf Selbstbestimmung. Man möchte sein Leben möglichst individuell gestalten und dabei möglichst keine Autoritäten berücksichtigen müssen. Davon hat man ja im Alltag genug, wo einem immer Vorgesetzte, Chefs, Gesetzgeber und Exekutive vorgeben, was man zu tun und zu lassen hat. Da will man dann wenigstens im Privaten, in seinem eigenen, kleinen Leben nur das tun, was man selbst will. Und nicht wenige Menschen bemerken dabei nicht, dass sie auch da wieder "gegängelt" werden, dass sie sich Gedanken- und Meinungskartellen unterwerfen, dass sie Konsumzwängen folgen, dass sie ihre Freiheit verschenken. Aber von Glaube, Religion und/oder Kirche wollen sie sich am Allerwenigsten bevormunden lassen. Schließlich bin ich in meinem Haus, in meinem Kopf, in meinem Glauben mein "eigener Herr". Schon in den kleinen, profanen Dingen erweist sich das häufig als Wunschdenken. Im Glauben, im Seelenleben ist das ein sehr weit verbreiteter Irrglaube, eine Illusion, ein Selbstbetrug. Es ist nur die Frage, WER derjenige ist, nach dessen Pfeife ich tanze (oft ohne es zu ahnen)? 


Schon in den Anfängen der Kirche verfestigte sich die Gewissheit, dass Christus Herr der Christen, Herr der Welt, Herr des Universums, der Schöpfung sei. Es hat dieses Wissen auch in die Sprache Eingang gefunden; dieses Herr-sein Christi wurde zu einem Attribut, zu einer Bezeichnung für IHN, den Erlöser und Heiland. Man spricht in der Christenheit seit damals von "unserem Herrn Jesus Christus". Paulus bezeichnet ihn immer wieder als den κúριος, den Herrn. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal der Christen, ihre Absage an alle anderen Herren. Mag auch ein "Herr" über sie, ihre Arbeitskraft, ihr Leben verfügen, weil sie Sklaven sind, so wollen sie damit aussagen, mein "wahrer Herr", mein Kyrios ist Jesus Christus. Es ist eine Absage an den römischen Kaiser, der beanspruchte, der "Kyrios" - der Herrscher der Welt - und damit göttlicher Verehrung würdig zu sein. Dem Kaiserkult stellte die Christenheit damals entgegen: "Du, Kaiser, magst zwar Herrscher sein, du magst auf deinem Thron sitzen und regieren, du magst Macht und Gewalt haben, aber 'unser Kyrios' ist ein anderer, einer der noch über dir steht, und IHM allein gebührt unsere Verehrung, unsere Anbetung, ER ist Herr unseres Lebens. Unser Herr ist Jesus Christus und sonst keiner. Daran ändert sich auch nichts, wenn du uns töten und verfolgen lässt."

Diese Bezeichnung weist auf das gottheitliche Geheimnis Christi. Nirgends findet sie sich im (hellenistischen) Judentum als Anrede oder Bezeichnung für den Messias. Es ist ein Titel, der dem Hochgelobten, der Jahwe allein vorbehalten ist. In der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes, der Septuaginta (abgekürzt: LXX), steht Kyrios immer anstelle des Gottesnamens (JHWH), den auszusprechen man sich im gesamten Judentum scheut, um nicht in die Gefahr zu geraten, gegen das zweite Gebot (vgl. Exodus 20, 7) zu verstoßen. Es ist Gott, insofern er sich nach außen offenbart.¹ 

Und indem Paulus dieses κúριος auf Jesus anwendet, bezeugt er mit den Gemeinden von Neuem, dass ihnen Jahwe und sein Gesalbter, also Jesus Christus, dem Wesen nach identisch sind. Als dem Kyrios gebührt Christus auch der Kult der Gottheit, die Apostel und die Gemeinden beten zu Christus geradeso wie zu Gott. Das bekannte "Maran-athâ" ist ein Gebet zu Jesus - "Herr, komme!", es ist das Bekenntnis seiner Wiederkunft, indem es ausruft: "(Unser) Herr kommt!" (vgl. 1. Korinther 16, 22). Mit diesem Kyrios-Bekenntnis bezeugen die Gläubigen Jesus Christus als die offenbar gewordene Güte Gottes, als den Born aller Gnade, allen Heiles, allen Segens. 

Die weiteren Wirkungen und Konsequenzen dieser Christologie könnte man jetzt lang und ausführlich darlegen, aber das ist nicht der Punkt. Es geht vielmehr darum, ob wir heutigen, modernen und aufgeklärten Menschen, wir "Christen des 21. Jahrhunderts", uns dieses Bekenntnis zu eigen machen können? Dieses widerspricht doch in so krasser Weise den Individualitätsbestrebungen des Geistes der gegenwärtigen Zeit. Aber tut es das wirklich? 

Wenn man dieses Kyrios-Bekenntnis dabei mit den Macht-, Herrschafts- und Dominanzansprüchen von Menschen gleichsetzte, wäre das sicher der Fall. Aber Christus ist anders. ER hat uns zur Freiheit befreit (vgl. Galater 5, 1), ER führt uns aus der Sklaverei heraus und begegnet uns als liebender Bruder, ER will nicht über uns herrschen, sondern will uns zu Miterben am Reich Gottes machen. In IHM verzichtet Gott auf seine Macht, auf seine Gewalt, auf sein Recht, indem er uns die Sünde nicht anrechnet, sie vielmehr verzeiht. Gottes Herrschaft ist in Jesus Christus eine "Herrschaft der Liebe". ER lädt uns ein, zu ihm zu kommen. ER will uns "erobern", aber nicht mit Gewalt und Macht (die ihm reichlich zu Verfügung stünden), sondern mit Liebe und Frieden. In IHM können wir wirklich Mensch sein, kann sich unser Leben im besten göttlichen Sinn verwirklichen. Das ist die beste - die einzige - Art und Weise, wie wir uns individuell entfalten können, ohne irgendjemandem "in die Hände zu fallen". Wir fallen ihm nicht in die Hände, sondern wir dürfen in seinen Händen geborgen sein - jetzt, heute, morgen, immer.


© urs-leo



Anmerkung¹: vgl. dazu: Karl Adam, "Der Christus des Glaubens" 2. Aufl., S. 178 f.,
erschienen im Patmos-Verlag Düsseldorf, 1956 (nur noch antiquarisch erhältlich)

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